Von der Nische zum Erfolg: Wie Everysize den Sneaker-Preisvergleich revolutioniert - Interview mit Eugen Falkenstein

Als Eugen Falkenstein mit seinem Bruder 2015 Everysize gründete, wollte er ein Problem lösen, das er selbst gut kannte: Die mühsame Suche nach Sneakern in Übergrößen. Heute ist Everysize eine erfolgreiche Preisvergleichsplattform mit 60 angebundenen Händlern und rund 40.000 Produkten.

Von der Industriekaufmann zum Tech-Founder

Falkensteins Weg zum Gründer ist ungewöhnlich: Als gelernter Industriekaufmann erlebte er die New Economy Ende der 90er Jahre hautnah mit. "Damals konnte man noch mit dem Modem pfeifen, um sich einzuwählen, man hatte ganz viele AOL-CDs zu Hause", erinnert er sich. Autodidaktisch brachte er sich Programmieren bei und ging mit 18 nach München, wo er die Hochphase der New Economy miterlebte.

"Du hast einfach ein bisschen Bücher gelesen, also die kamen dann auch raus. Es gab viele Zeitschriften vor allem. Und ansonsten Try and Error. Also du hast halt wirklich Ewigkeiten rumgefuchst an dem Problem."

Nach dem Platzen der Dotcom-Blase entschied er sich für ein Wirtschaftsinformatik-Studium, blieb aber immer selbstständig. Mit Adgoal baute er ein erfolgreiches Affiliate-Netzwerk auf, das er später verkaufte.

Die Gründung von Everysize

Der Startschuss für Everysize kam durch seinen Bruder, der aus der Sneaker-Szene kam. Gemeinsam mit einem dritten Co-Founder entwickelten sie die Idee eines größenbasierten Preisvergleichs. Mit 30.000€ Startkapital gründeten sie eine UG und begannen mit der Entwicklung.

"Der ganze Online-Handel hat im Grunde nur den Offline-Handel adaptiert. Such dir einen Schuh raus, guck ob der Preis passt und dann prüf mal, ob deine Größe da ist. Und wenn das nicht der Fall ist, dann fang doch von vorne an."

Das Geschäftsmodell: Affiliate Marketing im Schuhbereich

Das Geschäftsmodell basiert auf Affiliate-Provisionen: Für jeden "Click-out" zu einem Händler erhält Everysize eine Provision. Dabei arbeitet das Unternehmen heute mit 60 Händlern zusammen und listet etwa 40.000 Produkte von 100 Marken. Besonders wichtig war dem Team von Anfang an ein klares Monetarisierungskonzept: "Ich bin jetzt nicht derjenige, der Projekte startet, die einfach nur des Fame-Wegens gestartet sind und wo man keine Ahnung hat, wie und ob man damit jemals Geld verdienen könnte."

Technologie als Erfolgsfaktor

Ein Schlüssel zum Erfolg war die starke Automatisierung von Anfang an. Das Team entwickelte eigene Algorithmen für die Produktdatenverarbeitung, die heute vollautomatisch läuft. "Bei uns läuft das eigentlich komplett maschinell. Wir haben da einen Algorithmus, von mir aus eine kleine KI, die das auch ziemlich gut hinbekommt", erklärt Falkenstein.

Besonders wichtig ist dabei die Echtzeitaktualisierung der Verfügbarkeiten. Das Team drängt die Händler zu stündlichen Feed-Updates und der Integration von Status-APIs.

Marketing: Der Weg zum Kunden

Das sechsköpfige Kernteam setzt auf eine Drei-Säulen-Strategie aus Search, Social Media und Branding. Dabei spielt die Automatisierung eine zentrale Rolle. Besonders bei der Produktdatenverarbeitung hat das Team eigene Algorithmen entwickelt, die manuelle Eingriffe minimieren.

Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern verfolgt Everysize einen stark technologiegetriebenen Ansatz. So werden beispielsweise Produktdaten vollautomatisch aggregiert und aufbereitet. Bei Social Media experimentiert das Team mit verschiedenen Formaten, wobei sich besonders die Kombination aus Produktinformation und Community-Building als erfolgreich erweist.

Die "Höhle der Löwen" als Wendepunkt

Ein besonderes Kapitel in der Unternehmensgeschichte war der Auftritt bei "Die Höhle der Löwen" 2017. Obwohl kein Deal zustande kam - die Löwen wollten 50% der Anteile - wurde die Sendung zum Erfolg: Mit 110.000 gleichzeitigen Besuchern stellte Everysize einen inoffiziellen Rekord auf.

Die Vorbereitung darauf war allerdings eine Herausforderung: "Das hat uns auch fast in die Pleite gestürzt", erinnert sich Falkenstein. Das Team musste die komplette Infrastruktur umbauen, um den erwarteten Traffic zu bewältigen.

Herausforderungen beim Bootstrapping

Die größte Herausforderung sieht Falkenstein in der Mitarbeitergewinnung gegen große Arbeitgeber wie Lidl oder Schwarz-Gruppe:

"Tatsächlich ist ein ganz großes Problem, fähige Mitarbeiter zu finden und dann auch mithalten zu können. Wir sind ein sehr fairer Arbeitgeber, aber mit Lidl können wir einfach nicht mithalten."

Daneben kämpft das Team mit steigenden Marketing-Kosten, besonders bei Google, wo die Shopping-Anzeigen immer mehr Platz einnehmen. Auch die zunehmenden Direct-to-Consumer Aktivitäten der Marken stellen eine Herausforderung dar. Die Lösung sieht Falkenstein in der cleveren Nischenstrategie: "Wir kommen unterm Tisch, die Krümel einzusammeln. Der Unterschied ist, wir machen das schon seit sieben Jahren."

Blick in die Zukunft

Für die Zukunft plant Everysize die stärkere Verzahnung von Content, Commerce und Community. "Der Kunde will inspiriert werden, geführt werden", erklärt Falkenstein. Auch die Expansion in neue Bereiche wie Athletic Footwear steht an. Dabei bleibt das Team seinem Bootstrapping-Ansatz treu: "Wir müssen auch wegen Bootstrappen in machbaren Schritten das Ganze vorantreiben."

Learnings von Eugen Falkenstein

  1. Geschäftsmodell von Anfang an durchdenken
  2. Strikte Kostendisziplin - jeden Cent zweimal umdrehen
  3. Nicht zu perfektionistisch sein - mit 30% der Features starten ist besser als endlos zu optimieren
  4. Wenn möglich nebenberuflich starten
  5. Mit Co-Foundern starten, um verschiedene Perspektiven zu haben

Fazit

Die Geschichte von Everysize zeigt exemplarisch, wie man auch ohne externes Kapital ein erfolgreiches E-Commerce-Unternehmen aufbauen kann. Der Fokus auf eine klare Nische, konsequente Automatisierung und schrittweises Wachstum haben sich als erfolgreiche Strategie erwiesen.
Besonders bemerkenswert ist dabei, wie das Team auch größere Herausforderungen wie den "Höhle der Löwen"-Auftritt gemeistert hat - immer mit dem Fokus auf nachhaltigem Wachstum statt schneller Expansion.

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Geschrieben von

Andreas Lehr