Von der Laser-Physik zu siebenstelligem Umsatz: Nicolai Klemke baut Neural Frames zum AI-Musikvideo-Tool

Von der Laser-Physik zu siebenstelligem Umsatz: Nicolai Klemke baut Neural Frames zum AI-Musikvideo-Tool

Folge abspielen

Nicolai Klemke ist promovierter Physiker, leidenschaftlicher Musiker und Gründer von Neural Frames – einer Plattform, mit der Musikerinnen und Kreative KI-generierte Musikvideos erstellen können.

In nur drei Jahren hat der 36-Jährige aus Berlin sein Startup auf ein sechsköpfiges Team und einen gesunden siebenstelligen Jahresumsatz hochgezogen. Komplett gebootstrapped, profitabel und mit einer beeindruckenden Wachstumskurve: Der Umsatz hat sich im letzten Jahr verdreifacht.

Wie das gelang? Eine Geschichte über Experimente, Community-Building und den Mut, einem starken Gefühl zu folgen.

Die komplette Story jetzt in Podcast Folge 145 anhören: Folge bei SpotifyApple oder allen anderen Playern anhören. 
Bitte bewerte zudem den Podcast
 bei 
Spotify oder Apple - das würde mir sehr helfen, vielen Dank!

Von Stable Diffusion zum Startup: Die Gründungsgeschichte

Nicolais Weg zu Neural Frames war alles andere als geradlinig. Der Computer-Nerd, der schon mit elf seine ersten Websites baute, entschied sich bewusst gegen Informatik und studierte stattdessen Physik in Berlin. Nach vier Jahren Promotion im Bereich Laser-Optik-Physik folgte ein kurzer Ausflug in die Startup-Welt. Ende 2022 machte er den Accelerator "Entrepreneur First" – 50 Leute ohne Idee, die gemeinsam Startups gründen sollten. Obwohl daraus nichts wurde, gab ihm das Programm die entscheidende Energie.

"Ich war noch so voll dieser Energie, okay krass, was baue ich jetzt, was mache ich jetzt so?", erinnert sich Nicolai. Genau in diesem Moment kam Stable Diffusion heraus – ein Open-Source-Text-zu-Bild-Modell. Nicolai begann damit zu experimentieren, Animationen zu erzeugen, und war sofort fasziniert. "Das hat sich nach was sehr Großem für mich angefühlt", beschreibt er den Moment, in dem ihm klar wurde: Das könnte ein Business werden.

Ohne konkrete Vision, aber mit einem starken Glauben daran, dass andere diese Art der Animationserzeugung ebenfalls wertschätzen würden, startete er Ende 2022 mit Neural Frames. Die ersten sechs Monate waren hart – er hatte kaum Frontend- und Cloud-Hosting-Erfahrung. Doch dann kam der Durchbruch: "Nach einem halben Jahr wurden die ersten richtig geilen Musikvideos mitgemacht", erzählt Nicolai. Das war der Moment, in dem er wusste: Es funktioniert.

Das Produkt und Geschäftsmodell: Von 5 auf 100.000 zahlende Kunden

Neural Frames funktioniert denkbar einfach: Nutzer laden einen Song hoch, die Plattform analysiert Lyrics und Stimmung, schlägt ein Storyboard vor – und der Rest ist Anpassung. Nutzer können den visuellen Style ändern, eigene Charaktere hochladen oder sich sogar selbst ins Video bringen. Das fertige Musikvideo kann dann auf YouTube, Spotify und anderen Plattformen eingebunden werden.

Das Geschäftsmodell basiert auf Credits: Monatlich 100 bis 500 Credits für 20 bis 100 Dollar. Videos kosten je nach Länge zwischen 200 und 4.000 Credits. Die Rechnung geht auf: Neural Frames macht aktuell sechsstellige Monatsumsätze und wird dieses Jahr einen gesunden siebenstelligen Jahresumsatz erreichen. Von anfänglich fünf zahlenden Kunden ist die Plattform auf mittlerweile über 100.000 zahlende Kunden gewachsen – mit einem Team von sechs Personen, davon vier in Vollzeit.

Marketing: Community, SEO und die Kunst des organischen Wachstums

Der Durchbruch kam durch Reddit. Nicolai postete seine ersten AI-Musikvideos in verschiedenen Subreddits – und die Reaktionen waren überwältigend. "Ich habe meine ersten Inhalte auf Reddit gepostet und plötzlich hatte ich 200 Nutzer", erinnert er sich. Der Subreddit Stable Diffusion wurde zur ersten großen Kundenquelle.

Doch Nicolai war auch strategisch. Bereits im ersten Jahr investierte er massiv in SEO: "Wir haben einen gigantischen Guide geschrieben über AI-Video-Generation. Da steckt wahnsinnig viel Liebe drin." Der 30.000-Wörter-Guide wurde zur Autoritätsquelle im Bereich AI-Video und bringt bis heute organischen Traffic.

YouTube wurde zum zweiten wichtigen Kanal. Nicolai selbst produzierte über 400 Tutorials – nicht weil sie massenhaft Views brachten, sondern weil sie die Nutzer befähigten, bessere Videos zu erstellen. "Du kannst cooler Sachen mit dem Tool machen, als ich mir jemals gedacht hätte", sagt er stolz über die Ergebnisse seiner Nutzer.

Ein weiterer Gamechanger: Influencer und Creator. Nicolai gibt ausgewählten Musikern und Kreativen mit großer Reichweite kostenlose Credits. "Die bringen uns natürlich Leute", sagt er pragmatisch. Reddit funktioniert mittlerweile nicht mehr wie früher – die Plattform habe sich verändert.

Technologie: Eigene Modelle statt OpenAI

Neural Frames setzt auf Open-Source-AI-Modelle und betreibt eine eigene GPU-Infrastruktur. "Wir hosten auf Cloud-GPUs, vor allem auf RunPod", erklärt Nicolai. Im Frontend kommt TypeScript mit React zum Einsatz, im Backend Python und FastAPI. Die Modelle sind lokal gehosted – bewusst, denn: "Wir nutzen nicht OpenAI."

Das macht Neural Frames unabhängiger und erlaubt es, Modelle an die eigenen Anforderungen anzupassen. Die Team-Struktur ist dabei bewusst schlank: Drei Entwickler (Nicolai, ein weiterer Fulltime-Developer und ein Teilzeit-Developer), plus drei Leute für Support und Community Management.

Bootstrapping-Herausforderungen: Support-Wahnsinn und Skalierungs-Schmerzen

Die größte Herausforderung beim Bootstrapping? Der Support. "Wir bekommen im Moment 200 bis 300 Support-Anfragen am Tag", erzählt Nicolai. Das Team arbeitet hart daran, Prozesse zu automatisieren, aber es bleibt ein massives Thema. Ein Head of Support ist bereits eingestellt und soll helfen, das System zu optimieren.

Die zweite Herausforderung: Hiring. "Ich habe sehr viel Mühe, Leute zu finden", gibt Nicolai zu. Er sucht jemanden, der Growth übernehmen kann – bisher erfolglos. Auch einen vollständigen CEO-Ersatz zu finden, hält er für extrem schwierig: "Der muss ja alles irgendwie checken."

Eine weitere Herausforderung ist die Unsicherheit im AI-Markt. "Wird OpenAI das gleiche Produkt machen? Sind wir in einem Jahr irrelevant?", fragt sich Nicolai. Die Konkurrenz ist groß – von Runway bis Pika, von Luma bis Kling. Nicolai setzt auf Geschwindigkeit: "Ich bin kein großer Fan von Planning. Ich bin ein großer Fan von schnell Sachen probieren und gucken, ob es funktioniert."


Was ich im Interview gelernt habe:

Community schlägt Ads: Nicolais Erfolg basiert auf organischem Wachstum durch Reddit, YouTube und SEO – nicht auf bezahlter Werbung. Authentische Inhalte und echte Hilfestellung bauen langfristig eine loyale Nutzerbasis auf.

Nische vor Masse: Neural Frames fokussiert sich konsequent auf Musikvideos – und das funktioniert. Statt sich zu verbreitern, wird die Nische tiefer bearbeitet.

Support ist skalierbar: 200-300 Anfragen pro Tag bei einem sechsköpfigen Team zeigen: Support kann ein Bottleneck sein. Automatisierung und gute Prozesse sind essentiell für profitables Wachstum.


Learnings für Bootstrapper:

  • Folge deinem Bauchgefühl: Nicolai startete ohne konkrete Vision, aber mit einem starken Gefühl, dass AI-Videos funktionieren könnten. Manchmal ist das genug.
  • Investiere früh in SEO: Der 30.000-Wörter-Guide war kein Quick Win, aber er bringt bis heute organischen Traffic. Langfristiges Denken zahlt sich aus.
  • Content über Perfektion: 400 YouTube-Tutorials sind kein Hollywood-Produktionslevel – aber sie befähigen Nutzer, bessere Ergebnisse zu erzielen. Das ist wichtiger als Production Value.
  • Community vor Scale: Nicolai gibt ausgewählten Influencern kostenlose Credits. Das ist günstiger und effektiver als jede Werbekampagne.
  • Hiring ist die härteste Nuss: Auch bei sechsstelligen Monatsumsätzen ist es extrem schwer, die richtigen Leute zu finden. Bootstrapping bedeutet: Lange selbst machen.
  • Schnelles Ausprobieren schlägt Planung: "Ich bin ein großer Fan von schnell Sachen probieren und gucken, ob es funktioniert." In schnelllebigen Märkten wie AI ist Speed wichtiger als perfekte Planung.

Hast du Fragen oder Feedback zum Podcast?
Schreib mir gerne per E-Mail oder über LinkedIn.
Es würde mich sehr freuen, wenn du den Podcast kurz bewertest oder den Newsletter dazu einfach weiterempfiehlst - vielen Dank!


Ich bootstrappe übrigens mein eigenes Unternehmen "We Manage", welches Start-Ups und Unternehmen bei Cloud, DevOps und dem nachhaltigen Betrieb von Web Applikationen hilft - buch dir gerne jetzt ein Termin.

Jeden Montag

Newsletter zum Podcast

Nach der Anmeldung erhälst du jeden Donnerstag die Zusammenfassung der aktuellen Folge in deine Inbox.

Großartig! Bitte überprüfen Sie Ihren Posteingang und klicken Sie auf den Bestätigungslink.
Entschuldigung, etwas ist schiefgegangen. Bitte versuche es erneut.

Gehostet von

Andreas Lehr