Vennie.tech: Wie Leon Jungleisch nach seinem E-Commerce-Exit einen KI-Chatbot auf Steroiden entwickelte

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Leon Jungleisch aus Heidelberg hat bereits mit 22 Jahren sein erstes Unternehmen erfolgreich verkauft. Nach dem Exit seines Vintage-E-Commerce-Startups "Peeces" wagte der heute 26-Jährige den nächsten Schritt und gründete Vennie - einen KI-gestützten Chatbot speziell für E-Commerce-Unternehmen. Innerhalb von zwölf Monaten konnte das Bootstrap-Startup 13-14 aktive Kunden gewinnen und steht kurz vor dem Break-Even.

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Von Vintage-Händler zum KI-Pionier: Die Gründungsgeschichte

Leons Unternehmerlaufbahn begann bereits während des Abiturs. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Moritz gründete er 2018 "Peeces" - einen Online-Shop für Vintage-Kleidung, der sich zum größten Vintage-Händler Deutschlands entwickelte. Nach fünf erfolgreichen Jahren verkauften sie das Unternehmen Ende 2022.

Der Übergang zu Vennie entstand aus Leons Drang, etwas Neues zu lernen. "Für mich war nach Peeces die wichtigste Sache, dass ich was Neues lernen will. Ich will dazu ein Praxisprojekt haben, nicht theoretisch lernen", erklärt Leon seine Motivation. Als ChatGPT im Oktober 2022 den KI-Hype auslöste, erkannte er das Potenzial für E-Commerce-Unternehmen. Anderthalb Jahre arbeitete er zunächst allein an der Idee, bevor Co-Gründer Janis aus Berlin das technische Know-how beisteuerte.

Das Produkt: Mehr als nur ein Chatbot

Vennie unterscheidet sich fundamental von herkömmlichen Chatbots. "Ich beschreibe es immer als ein Chatbot auf Steroiden - er kann nicht nur Informationen ausgeben, sondern zusätzlich auch noch Dinge im ERP, im Warenwirtschaftssystem, in Shopify ausführen", beschreibt Leon das Alleinstellungsmerkmal. Der Bot kann eigenständig Adressänderungen vornehmen, Retouren bearbeiten oder Bestellstatus aktualisieren.

Das Besondere: Vennie ersetzt keine bestehenden Systeme, sondern integriert sich nahtlos in etablierte Ticketsysteme wie Zendesk oder Gorgias. Zunächst macht der Bot nur Vorschläge, die Support-Mitarbeiter annehmen oder ablehnen können. Erst wenn Vertrauen aufgebaut ist, wechseln Kunden zur Vollautomatisierung bestimmter Kategorien wie Lieferzeiten oder allgemeine Produktfragen.

Geschäftsmodell und Zahlen

Das Pricing-Modell startet bei 99 Euro monatlich für 400 Interaktionen. Der mittlere Plan kostet 499 Euro, der Premium-Plan 1.499 Euro. Leon betont die Kostenvorteile: "Es ist günstiger als alles, was man sich hier in Deutschland anstellen könnte dafür." Zusätzlich bietet Vennie 24/7-Verfügbarkeit ohne Krankheitsausfälle oder Beschwerden.

Nach einem Jahr Betrieb verzeichnet Vennie 13-14 aktive Kunden und bewegt sich von den ursprünglich dominierenden 99-Euro-Plänen hin zu den teureren Tarifen. Leon beschreibt die aktuelle Situation: "Es ist auf jeden Fall noch nicht ausreichend, um längerfristig nachhaltig damit zu wirtschaften, aber wir sind gerade an der Kippe, wo es sich selbst trägt."

Marketing und Herausforderungen beim Bootstrapping

Leons Marketing-Strategie basiert zu 70-80 Prozent auf aktivem Outreach und nur zu 20-30 Prozent auf Inbound-Anfragen. Durch seine E-Commerce-Vergangenheit verfügt er über ein starkes Netzwerk, das den Grundstein für die ersten Kunden legte. "Ich bin da sehr gut connected von damals", erklärt Leon den Vorteil seiner Branchenerfahrung.

Auf LinkedIn praktiziert er "Building in Public" und teilt bewusst auch negative Erfahrungen. Diese Authentizität unterscheidet ihn von der oft geschönten Darstellung anderer Gründer. Performance Marketing nutzt das Team bewusst nicht: "Es ist für mich mit Bootstrapping nicht der best Case, auch noch für Marketing Geld auszugeben."

Die größte Herausforderung beim Bootstrapping sieht Leon in der Balance zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit. Statt auf schnelle Skalierung setzt er auf organisches Wachstum durch persönliche Beziehungen und Qualität. Das Team finanziert sich parallel durch E-Commerce-Beratung, was den Zeitdruck reduziert.

"Das größte Problem wäre, wenn der Bot Dinge sagt, die nicht stimmen. Jedes KI-Modell nimmt den wahrscheinlichsten Case, obwohl das gar nicht stimmt", beschreibt Leon eine zentrale technische Herausforderung. Vennie "Trust Shield" löst dieses Problem durch Confidence Scores, die unzuverlässige Antworten an menschliche Agenten weiterleiten.

Learnings eines Serial Entrepreneurs

Leons wichtigste Erkenntnisse aus seinem Gründerweg:

  • Praxis vor Theorie: Echte Projekte beschleunigen das Lernen mehr als theoretisches Wissen
  • Netzwerk ist entscheidend: Branchenerfahrung öffnet Türen zu den ersten Kunden
  • Authentizität zahlt sich aus: Ehrliche Kommunikation über Herausforderungen baut Vertrauen auf
  • Bootstrapping ermöglicht Flexibilität: Ohne Investoren-Druck können langfristige, nachhaltige Entscheidungen getroffen werden
  • Customer Feedback ist Gold wert: Intensive Zusammenarbeit mit Early Adopters formt das Produkt

Leon plant, Vennie die nächsten 30 Jahre zu führen - ein Zeichen für nachhaltiges Unternehmertum in einer von Quick-Exits geprägten Startup-Welt.


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Ich bootstrappe übrigens mein eigenes Unternehmen "We Manage", welches Start-Ups und Unternehmen bei Cloud, DevOps und dem nachhaltigen Betrieb von Web Applikationen hilft - buch dir gerne jetzt ein Termin.

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Andreas Lehr