
Paola Sanna und Patrick verkaufen bei sapori-sardi.com sardische Feinkost online – nebenher zum Vollzeitjob. Nach einem Jahr Vollzeit-Gründung kehrte Patrick in die Anstellung zurück. Mit 193 Produkten und 47.000 Euro Umsatz seit Oktober 2023 zeigen sie, wie man als Paar ein E-Commerce-Business bootstrapped.
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Die Gründungsgeschichte: Von der Sehnsucht zur Geschäftsidee
Als Paola und Patrick von Berlin nach Wien zogen, vermissten sie die sardischen Spezialitäten aus dem Großhandel von Paolas Onkel. "Diese Produkte würden wir gerne auch häufiger zu Hause haben", erinnert sich Paola. Der Onkel betreibt seit über 20 Jahren einen Import-Großhandel in Berlin – angefangen mit Produkten im Campervan, heute beliefert er Restaurants und Feinkostläden.
Die Idee reifte lange: Freunde fragten ständig nach Guanciale für Carbonara oder sardischen Weinen. Im April 2023 kündigte Patrick seinen Job, drei Tage später gründeten sie. Nach sechs Monaten Aufbauarbeit ging der Shop im Oktober 2023 live. "Es waren irgendwie drei bis maximal sechs Stunden später, dass die erste Bestellung reingeflattert ist", erzählt Patrick noch immer erstaunt.

Das Geschäftsmodell: Asset-Light mit familiärer Unterstützung
Sapori Sardi profitiert vom bestehenden Großhandel:
- Lager und Logistik in Berlin vorhanden
- ca. 200 Produkte von sardischen Familienbetrieben
- DHL-Abholung fast täglich
- Produktmarge über 40 % möglich
Die Herausforderung: "Die ganze Arbeit, die da drin steckt, die Familien, die natürlich was verdienen, dann das Ganze hierher zu bringen und dann noch zum fairen Preis", erklärt Patrick. Die durchschnittliche Kundin ist 56 Jahre alt – kaufkräftig und qualitätsbewusst.
Überraschend: Die aufwendigen Rezept-Pakete funktionieren nicht wie erhofft. "Die Leute stellen sich lieber Sachen selber zusammen, die sie suchen, die sie lieben", hat Patrick beobachtet. Das Vatertagspaket mit 7% Rabatt? Kaum gefragt. Stattdessen bestellen Kunden lieber einzelne Produkte aus ihrem Sardinien-Urlaub.

Marketing und die größten Herausforderungen
Der Marketing-Mix besteht aus:
- Google Ads (Hauptkanal mit Performance-Max-Kampagnen)
- SEO (Kunden suchen gezielt nach Produkten)
- Meta Ads (funktioniert "mehr oder weniger gut")
- Newsletter an 1.000 Abonnenten (50-400 Euro Umsatz pro Mail)
Eine Content-Agentur erstellt bald Videos – im Tausch gegen Sales-Coaching von Patrick. "Wir haben jetzt nicht das Geld zu investieren in UGC", erklärt Paola pragmatisch.
Die größte operative Herausforderung: Kühlversand nur montags und dienstags im Sommer. "Die Gefahr ist zu groß, dass wenn wir das erst am Donnerstag oder Freitag schicken, dass das dann irgendwo in einem Paketzentrum liegt", so Paola über die DHL-Problematik.
Leben als Gründer-Paar: Schichtarbeit und Sonntagsmeetings
Nach anfänglichem Wachstum (von 1.000 auf 5.000 Euro in drei Monaten) kam das Januarloch. Patrick entschied sich für einen neuen Vollzeitjob. Jetzt arbeiten beide in "Schichten":
"Montag morgens habe ich mit meinem Team mein Check-in, deswegen ist Paola dran. Montag abends kümmere ich mich um die Sachen"
beschreibt Patrick die Aufteilung. Sonntags nach dem Sport ist festes Business-Meeting.
Die Beziehung? "Es gibt natürlich auch immer wieder Schwierigkeiten, wenn man sich dann Dinge sagt, die man auf der Beziehungsebene liest, aber die eigentlich auf der Gründerebene gemeint waren", gibt Paola offen zu.
Patricks und Paolas Learnings:
- Produkt-Pakete sind nicht immer der Renner – Kunden wollen selbst auswählen
- Mindestmengen vom Großhandel können zum Problem werden (600g statt 300g Käse)
- Influencer-Marketing brachte Reichweite, aber keinen Umsatz
- Facebook-Gruppen funktionieren bei der älteren Zielgruppe
- Ein konkretes Zeitziel hilft: In 3-5 Jahren soll der Großhandel übernommen werden
"Es fühlt sich nicht an wie Arbeit", sagt Paola über ihr Hobby-Business. Mit der klaren Vision, in wenigen Jahren den Großhandel des Onkels zu übernehmen, haben sie einen konkreten Plan – und die nötige Motivation für die Doppelbelastung.
Was ich als Interviewer gelernt habe
Besonders überrascht hat mich, dass die liebevoll zusammengestellten Rezept-Pakete nicht funktionieren – ich hätte sie als perfekten Einstieg gesehen und bestelle sowas selber gerne zum Testen.
Die Erkenntnis, dass Kunden lieber gezielt nach "ihrer" Salciccia aus dem Urlaub suchen, zeigt: Manchmal ist weniger mehr. Beeindruckt hat mich die pragmatische Herangehensweise an Patricks Jobwechsel. Statt es als Scheitern zu sehen, nutzen sie es als Chance für stabiles Wachstum. Und die klare Deadline durch die anstehende Rente des Onkels? Nichts motiviert mehr als ein konkretes Zeitfenster.
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Ich bootstrappe übrigens mein eigenes Unternehmen "We Manage", welches Start-Ups und Unternehmen bei Cloud, DevOps und dem nachhaltigen Betrieb von Web Applikationen hilft - buch dir gerne jetzt ein Termin.
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