appointmed: Wie Patrick und sein Team mit 7,5 Leuten über 2500 Therapeuten betreuen

appointmed: Wie Patrick und sein Team mit 7,5 Leuten über 2500 Therapeuten betreuen

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Patrick Inzinger und drei Mitgründer haben appointmed komplett gebootstrapped – die ersten vier Jahre ohne Gehalt. Heute nutzen über 2500 Praxen die Therapeuten-Software. Mit nur 7,5 Vollzeitkräften erwirtschaften sie einen siebenstelligen Umsatz, wobei 70% des Wachstums durch Weiterempfehlungen kommt.

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Die Gründungsgeschichte: Vom Arzttermin zur Software

2014 saß Patrick mit seinem langjährigen Freund Bernhard auf einer Wiener Terrasse. "Ich muss noch einen Arzttermin buchen", sagte Patrick – und daraus entstand die Idee für eine Online-Buchungsplattform. Doch bei den ersten Kundengesprächen wurde schnell klar:

"Das eigentliche Problem ist gar nicht die Buchung, sondern das eigentliche Problem ist die Verwaltungssoftware dahinter."

Die vier Gründer – Patrick (Product Design), Bernhard (Backend), Christopher (Frontend) und Mario (Marketing) – starteten als Side-Project. Die ersten Jahre waren brutal: 2016 machten sie 17.000 Euro Jahresumsatz, 2020 gerade mal 40.000 Euro. "Wir hatten das Glück, dass alle vier sehr erfolgreich in ihrer eigenen Selbstständigkeit waren", erklärt Patrick die Querfinanzierung.

Der Durchbruch kam 2018/2019 mit einer radikalen Entscheidung: Fokus auf Therapeuten statt Ärzte. Heute betreut appointmed Praxen von Einzeltherapeuten bis zu Gemeinschaftspraxen mit 60 Mitarbeitern – 60% in Österreich, 40% in Deutschland.

Das Geschäftsmodell: Premium-Support als USP

appointmed bietet eine vollständige Praxisverwaltung: Terminkalender, Patientenakte, Behandlungsdokumentation, Abrechnung, Online-Buchung und Videosprechstunde. Das Pricing startet bei 45 Euro/Monat (Mini-Paket) und 85 Euro/Monat (Basic-Paket).

"Kundensupport ist jetzt nicht unbedingt ein Software-Feature, aber es ist ein Feature der Company", betont Patrick. Die Zahlen beeindrucken:

  • Response-Zeit: 5 Minuten 30 Sekunden (Mitbewerber: 2 Tage)
  • 3.500-3.800 Support-Cases jährlich
  • 70% des Wachstums durch Weiterempfehlungen
  • 30% jährliches Wachstum seit fünf Jahren

Bewusst gibt es keine Free-Accounts: "Damit kaufst du dir einfach nur wahnsinnig viel Support ein."

Marketing und die größten Herausforderungen

Nach einem teuren Fehlschlag – 75.000 Euro für eine erfolglose Head of Sales – setzt appointmed heute auf Content-Marketing. Sie betreiben zwei Podcasts (hashtag Praxis und hashtag Physio), ein Online-Magazin und haben über 200 Kundenstimmen auf der Website. "Wir sind wirklich Tür zu Tür durch ganz Wien mit unseren Flyern", erinnert sich Patrick an die Anfänge.

Die größte Herausforderung war die Geduld: Vier Jahre ohne Gehalt durchzuhalten, während man nebenher andere Projekte finanziert. Ein Mentor-Tipp hätte sie fast ruiniert: "Wenn du heute unsere Growth-Kurve anschaust, siehst du ganz genau den Zeitpunkt, wo wir sie [Head of Sales] eingestellt haben. Das ist nämlich genau der Punkt, wo die Kurve flach wird."

Der Tech-Stack ist bewusst schlank: JavaScript, Next.js, TypeScript und Angular. Das Team arbeitet seit Tag 1 komplett remote mit Basecamp als zentralem Tool.

Patricks Learnings aus 10 Jahren Bootstrapping:

  • Nicht blind auf Mentoren hören – "sie hatten keine Ahnung von dieser Dimension"
  • Klein bleiben hat Vorteile – "Ich brauche kein Management-Level dazwischen"
  • Support kann ein Wettbewerbsvorteil sein
  • Bei vier Gründern pusht immer einer die anderen
  • Freiheit ist wichtiger als schnelles Wachstum

"Das Arbeiten macht Spaß", fasst Patrick zusammen. Trotz mehrerer Übernahmeangebote will das Team weitermachen. Mit Avitu bauen sie bereits ein internationales Schwesterprodukt – diesmal von Anfang an mit dem richtigen Fokus.

Was ich als Interviewer gelernt habe

Patricks Ehrlichkeit über die anfänglichen schweren Jahre hat mich beeindruckt. Vier Jahre ohne Gehalt durchzuhalten, zeigt echtes Commitment - und hilft vielleicht dem ein oder anderen in der gleichen Situation als Motivation. Besonders überrascht hat mich die 70%-Weiterempfehlungsrate – in einer Branche, wo man denken könnte, dass Therapeuten ihre "Geheimwaffe" für sich behalten würden. Die bewusste Entscheidung, klein zu bleiben ("Das Ziel bei uns ist auch immer, die Company so klein wie möglich zu halten"), ist in einer wachstumsbesessenen Welt erfrischend anders.


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Andreas Lehr