AndRobin: Wie Farina Schurzfeld und ihr Team mit dem "Sidekick-Prinzip" Wachstumsprobleme lösen

AndRobin: Wie Farina Schurzfeld und ihr Team mit dem "Sidekick-Prinzip" Wachstumsprobleme lösen

Farina Schurzfeld hat bei Groupon die Hyperwachstumsphase miterlebt, zwei eigene Startups gegründet und dabei gelernt: Unternehmen brauchen für verschiedene Wachstumsphasen unterschiedliche Kompetenzen. Mit AndRobin bietet die Seriengründerin genau das – temporäre operative Unterstützung für kritische Wachstumsphasen. Das Boutique-Beratungsunternehmen arbeitet mit nur 2-3 Projekten parallel und setzt dabei auf erfahrene Serienunternehmer als "Sidekicks".

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Vom Hyperwachstum zur Boutique-Beratung

Farinas Weg zu AndRobin führte über beeindruckende Stationen: Bei Groupon erlebte sie 2009 in Australien das Wachstum von 4 auf 300 Mitarbeiter in nur 14 Monaten. Danach gründete sie Airtasker, einen Marktplatz für Services, der 2021 an die australische Börse ging. Zurück in Deutschland folgte 2015 Selfapy, eine digitale Gesundheitsplattform für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die 2024 für einen zweistelligen Millionenbetrag verkauft wurde.

"Ich hatte von Anfang an schon fünfmal Häuser gebaut – drei, vier Häusertypen, alle", erklärt Farina ihre Erfahrung mit verschiedenen Unternehmenstypen. Diese Metapher zieht sich durch das gesamte Gespräch: Groupon war der "Skyscraper", Airtasker das "Hotelgebäude" und Selfapy eine "Mehrfamilienhaussiedlung" mit anfangs fünf parallelen Geschäftsmodellen.

Das Geschäftsmodell: Operative Hilfe statt PowerPoint-Schlachten

AndRobin positioniert sich bewusst nicht als klassische Unternehmensberatung. Das Team besteht aus fünf Vollzeitmitarbeitern plus einem Pool von etwa 15 Experten, die je nach Bedarf hinzugezogen werden. Die Projekte dauern zwischen 3 und 18 Monaten, wobei der Sweet Spot bei 6 Monaten für Startups und 12 Monaten für Mittelständler liegt.

"Wir sind wirklich das Speedboat bei so größeren Strukturen", beschreibt Farina die Rolle. Das Unternehmen arbeitet momentan mit 2-3 Projekten parallel – eine bewusste Entscheidung für Qualität statt Quantität. Die Kunden sind zu 50% Startups und Scale-ups (10-150 Mitarbeiter), der Rest verteilt sich auf Mittelständler und Konzerne.

Interessant für Bootstrapper: Etwa die Hälfte der Kunden sind nicht VC-backed, sondern nutzen Alternative wie Private Equity, Family Offices oder sind komplett gebootstrapped.

Die Herausforderung des Bootstrappings

Als selbst gebootstrapptes Unternehmen kennt Farina beide Seiten: "Der Grad an Selbstbestimmung" ist für sie der größte Vorteil. Sie kann Projekte ablehnen – was in etwa 30% der Fälle passiert – und muss keinem Wachstumsdruck folgen.

Die Herausforderungen sind aber auch da: "Meine DNA kommt eher aus Faster Growth als was ich jetzt mit AndRobin mache", gibt sie zu. Der interne Konflikt zwischen Skalierungswunsch und bewusstem, nachhaltigem Wachstum ist real.

Marketing durch Expertise statt Hochglanzbroschüren

AndRobins Marketingansatz ist so boutique wie das Geschäftsmodell selbst: Hauptsächlich Empfehlungen, LinkedIn-Präsenz und Speaking-Engagements auf Konferenzen. "Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe", gesteht Farina bezüglich der eigenen Vermarktung. Bei nur 2-3 Projekten parallel braucht es aber auch keinen großen Marketing-Push.

Überraschend war für mich, dass sogar VCs AndRobin beauftragen – zum Beispiel für Due-Diligence-Prüfungen bei Portfoliounternehmen. Hier zeigt sich der Wert der operativen Erfahrung gegenüber reiner Beratung.

Tech-Stack: Flexibilität statt Standardlösungen

Anders als viele Beratungen kommt AndRobin nicht mit vorgefertigten Tool-Empfehlungen: "Es ist immer so bisschen case-abhängig", erklärt Farina. Statt eines festen Tech-Stacks gibt es einen "Bauchladen" an Tools, aus dem je nach Kundensituation gewählt wird. Aktuell baut das Team seine KI-Kompetenzen aus – ein Fokus für Q3 2024.

Learnings einer Seriengründerin

  • Phasenbasierte Kompetenzen: "Du brauchst in der Regel andere Leute, Strukturen aufzubauen, als die, die dann die fertigen Strukturen weiterführen"
  • Resilienz durch Erfahrung: "Wenn du schon mal Täler erlebt hast, dann weißt du auch, dass es meistens irgendwie weitergeht"
  • Der richtige Zeitpunkt: Nicht jedes Unternehmen ist bereit für externe Hilfe – besonders Startups kommen oft erst, wenn es "fast schon zu spät ist"
  • Bootstrapping vs. VC: "Man kann mit Kapital natürlich auch einige Fehler verstecken" – aber nicht jedes Modell passt in die VC-Schablone
  • Work-Life-Integration: Als werdende Mutter plant sie 2-3 Monate operative Auszeit, will aber "nichts machen müssen, aber was machen können"

Was ich als Interviewer gelernt habe

Farinas Offenheit über die Realität von Exits hat mich überrascht – trotz IPO und Millionen-Exit darf sie noch arbeiten, weil Liquidationspräferenzen und Lockup-Perioden die tatsächlichen Auszahlungen stark reduzieren. Besonders beeindruckt hat mich ihr bewusster Verzicht auf schnelles Wachstum zugunsten von Qualität und Selbstbestimmung – eine mutige Entscheidung in der schnelllebigen Startup-Welt.


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Geschrieben von

Andreas Lehr