
In der aktuellen Folge 114 des Happy Bootstrapping Podcasts teilt Stefan Graf, Mitgründer und Geschäftsführer von Jicki Sprachduschen, seine faszinierende Reise vom 50%-Job zum erfolgreichen Bootstrapper. Das 2017 gegründete Unternehmen mit 18 Mitarbeitenden und über 1,2 Millionen Euro Jahresumsatz hat sich mit seinem rein auditiven Ansatz als Alternative zu klassischen Sprachlern-Apps wie Babbel etabliert.
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Die ungewöhnliche Gründungsgeschichte
Jickis Ursprung reicht über 30 Jahre zurück: Christians (Vater des Mitgründers Helge) hatte bereits in den frühen 90er Jahren einen Sprachkursverlag mit Tonbandkassetten gegründet und später verkauft. Durch eine Rückkaufsklausel erhielt er die Rechte zurück, als der Käufer das Produkt einstellte. 2015 fand Helge die alten Kassetten im Keller und gründete mit seinem Vater einen Download-Shop. Als dieser nicht ausreichend Erfolg brachte, holten sie Stefan und Chris mit ins Boot.
"Da müsste man noch ein paar Jahre weiter nach hinten. Also ich hab mit Chris, Helge und Christian gegründet. Christian ist der Vater von Helge, also das ist quasi so bisschen Family. Und der Christian hat vor über 30 Jahren dieses Thema Sprachkurse in Audioformat aus Amerika importiert, dieses große Thema Superlearning."
Das Team setzte ab Januar 2017 auf ein Abonnementmodell statt Einzelkäufen – eine Entscheidung, die sich auszahlen sollte. In nur drei Monaten entwickelten sie ein rudimentäres Streaming-Portal mit WordPress und einfachen Apps für Android und iOS.
Das Produkt: Sprachduschen statt Klick-Kurse
Was Jicki von Konkurrenten wie Babbel oder Duolingo unterscheidet, ist der rein auditive Ansatz:
"Es heißt Sprachdusche, weil man berieselt wird von der Sprache. Man startet die Lektion und dann wird man berieselt von der Sprache, das heißt, man hört eigentlich nur zu."
Die Kurse folgen einem festen Schema: Zunächst werden Vokabeln präsentiert (Fremdwort, Deutsch, Fremdwort), danach folgt ein Dialog in der Fremdsprache und abschließend Sätze zum Nachsprechen. Alle fremdsprachigen Inhalte werden von Muttersprachlern eingesprochen. Das Angebot umfasst mittlerweile neun Sprachen, darunter Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Japanisch und sogar Ukrainisch.
Das Geschäftsmodell basiert auf drei Abo-Paketen:
- drei Monate für 29,85€ (ca. 10€/Monat)
- sechs Monate für 47,70€ (ca. 8€/Monat)
- zwölf Monate für 71,40€ (ca. 6€/Monat).
Interessanterweise ist das 12-Monats-Paket am beliebtesten.
95% der Kunden sind Privatpersonen (B2C), lediglich 5% Firmenkunden.
Marketing und technische Infrastruktur
Für das Marketing setzte das Team anfangs ausschließlich auf SEO, da ihnen Marketingbudget fehlte. Sie erstellten über 200 Landingpages und Blogbeiträge, die bis heute Traffic generieren. Erst zwei Jahre nach Gründung erhielten sie durch das BW Preseed-Programm ein Darlehen von 200.000€, das sie hauptsächlich ins Marketing investierten.
"Wir haben dieses Preseed-Kapital eigentlich fast vollständig ins Marketing gebracht. Also was man dazu sagen muss, wenn wir das nicht bekommen hätten, dann wären wir heute wahrscheinlich noch nicht so weit, was den Umsatz angeht."
Heute setzt Jicki auf einen Mix aus SEO, Performance-Marketing (Facebook, TikTok, Instagram, Google) und Social Media. Das Unternehmen beschäftigt sogar einen Mitarbeiter, der ausschließlich Videos schneidet – über 700 allein im letzten Jahr.
Technisch basiert die Plattform auf WordPress mit einem selbst entwickelten Mitgliederverwaltungstool. Die mp3-Dateien werden über einen geschützten Bereich bei Soundcloud gestreamt. Die App ermöglicht zusätzliche Funktionen wie das separate Einstellen der Hintergrundmusik-Lautstärke oder einen Schlafmodus.
Stefans wichtigste Bootstrapping-Learnings
- Finanzielle Einschränkungen akzeptieren: "Man muss halt jeden Euro umdrehen. Wir sind beim Gehaltslevel für unsere Mitarbeiter und uns selbst nicht auf dem Level eines Mittelständlers."
- Freiheit als größter Vorteil: "Im Bootstrapping habe ich einfach viel mehr Freiheiten. Wir können tun und lassen, was wir wollen. Können Dinge ausprobieren, können Sachen testen."
- Auf gesunde Arbeitszeiten achten: Nach anfänglich extremen 60+ Stunden-Wochen haben sie zum 35-Stunden-Modell gewechselt. "Ab einem gewissen Punkt arbeite ich brain-dead vor mich hin und mache in fünf Stunden, was ich mit frischem Gehirn in einer Stunde geschafft hätte."
- Unterstützung durch die richtige Community finden: Stefan fand in der Indie-Maker-Szene eine wichtige Inspirationsquelle und Mentoren.
Nach acht Jahren Bootstrap-Reise erwägt das Team nun erstmals, einen Investor aufzunehmen – aber nur zu ihren Bedingungen: "Wir sind in dieser luxuriösen Position, dass wir es nicht brauchen. Wir könnten jetzt theoretisch ewig so weitermachen und weiter wachsen aus dem eigenen Cashflow."
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Ich bootstrappe übrigens mein eigenes Unternehmen "We Manage", welches Start-Ups und Unternehmen bei Cloud, DevOps und dem nachhaltigen Betrieb von Web Applikationen hilft - buch dir gerne ein Termin bei Interesse.
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