
In dieser Episode 117 des Happy Bootstrapping Podcasts teilt Johannes Höller, Mitgründer von Elternnachricht.de, seine Reise vom Side-Hustle zum erfolgreichen SaaS-Unternehmen im Bildungsbereich.
Was 2016 als simple Lösung für die Kommunikation zwischen Lehrern und Eltern begann, hat sich zu einer umfassenden Plattform für über 1.100 Schulen und Kitas in Deutschland mit etwa 250.000 Eltern entwickelt. Besonders bemerkenswert: Das Unternehmen wird bis heute von nur zwei Personen geführt.
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Von der Idee zur erfolgreichen Plattform
Die Entstehungsgeschichte von Elternnachricht.de ist ein Paradebeispiel für problemorientiertes Unternehmertum. Johannes, der aus dem Bereich der Wirtschaftsinformatik und dem Produktmanagement kommt, erkannte durch seine Frau, eine Grundschullehrerin, die Ineffizienz der Schulkommunikation:
"Und dann kommt da meine jetzige Frau um die Ecke und zeigt mir ihren Alltag, mit was sie als Grundschullehrerin zu tun hat. Und ich dachte, ich falle vom Glauben ab."
Der erste Prototyp wurde im August 2016 innerhalb von zwei Wochen entwickelt - eine simple HTML-Seite, die es Lehrern ermöglichte, Nachrichten an Eltern zu senden und Feedback einzuholen. Die Gründer, Johannes und sein Co-Founder Ferdinand, bauten die Plattform zunächst als Nebenprojekt, während sie noch angestellt waren. 2017 gründeten sie ihre GbR und begannen, das Tool an ersten Testschulen einzuführen.

Ein entscheidender Moment kam während der COVID-19-Pandemie: "Für uns war es rein unternehmerisch gesehen das Beste, was uns hätte passieren können."
Die Nachfrage explodierte, als Schulen plötzlich digitale Kommunikationswege benötigten. Innerhalb von zwei Monaten vervierfachte sich der Kundenstamm. Was zuvor mühsam erklärt werden musste, war nun eine offensichtliche Notwendigkeit.
Das Produkt und Geschäftsmodell
Elternnachricht.de hat sich von einem einfachen Nachrichtentool zu einer umfassenden Plattform für Schulen und Kitas entwickelt. Heute umfasst das Angebot:
- Elternkommunikation mit interaktiven Rückmeldefunktionen
- Klassenbuch und Fehlzeitenerfassung
- Terminorganisation und Elternsprechtage
- Videokonferenzen (während Corona integriert)
- Zahlungsmodul
- Umfragen und Abstimmungen
Das Geschäftsmodell ist ungewöhnlich: Die eigentlichen Nutzer (Eltern) bezahlen nicht, sondern die Schulen oder deren Träger. Johannes beschreibt:
"Mittlerweile haben wir knapp über 1.100 Schulen und Kitas in ganz Deutschland. Das sind unsere Kunden. Und daraus ergeben sich etwa 250.000 Eltern, 200.000 Schüler und auf Schulseite etwa 25.000 Lehrkräfte."
Der Umsatz liegt im mittleren sechsstelligen Bereich und wird durch ein besonderes Abrechnungsmodell generiert: Die Schulen zahlen einmal jährlich zu Schuljahresbeginn, was eine herausfordernde Cashflow-Planung über 12 Monate erfordert. Der Preis richtet sich nach der Anzahl der Klassen, was besonders für kleinere Grundschulen attraktiv ist.
Marketing und Herausforderungen des Bootstrappings
Johannes beschreibt die Kundenakquise im Bildungssektor als besonders herausfordernd. Klassische Kaltakquise funktioniert kaum: "Wir haben in Summe sechs Wochen lang beide telefoniert... Wir haben knapp 450 oder vielleicht waren es sogar 500 Schulen angerufen. Was glaubst du, wie viele Kunden wir heute von den 500 Schulen haben? Keine einzige."
Stattdessen setzt das Team auf:
- Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlungen durch bestehende Schulen
- Präsenz auf Bildungsmessen und lokalen Lehrerveranstaltungen
- Regionale Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte
- SEO und gezieltes Online-Marketing
- Persönlichen Support und schnelle Problemlösung
Eine zentrale Herausforderung war es, beide Gründer vom Angestelltenverhältnis ins Vollzeit-Unternehmertum zu bringen. Bemerkenswert ist, dass sie dies erst 2023 vollzogen, obwohl das Unternehmen bereits profitabel war. "Wir haben vielleicht die Entscheidung, das völlig komplett alleine zu machen, länger als notwendig für uns hergeschoben", reflektiert Johannes.
Learnings aus der Bootstrapping-Reise
Johannes teilt wertvolle Erkenntnisse aus seiner Gründungserfahrung:
- Auf die Kunden hören: "Wir haben in der gesamten Geschichte dreimal den Versuch gewagt, ein Feature zu bauen, das wir uns komplett alleine einfallen lassen. Dreimal hat es nicht funktioniert."
- Bildungsbereich braucht einen langen Atem: Die Entscheidungsprozesse sind langsamer, aber die Kundenbindung ist dafür sehr stark.
- Effizienz ist alles: Mit nur zwei Personen müssen Prozesse maximal automatisiert werden, um über 1.000 Kunden betreuen zu können.
- Fokussieren statt expandieren: Statt vorschnell zu internationalisieren, konzentriert sich das Team auf den deutschen Markt.
- Pragmatisch bleiben: Bei der Technologie-Wahl setzen sie auf bewährte, solide Lösungen statt auf neueste Trends.
Die Geschichte von Elternnachricht.de zeigt eindrucksvoll, dass Bootstrapping auch in regulierten Märkten funktionieren kann und dass manchmal gerade die Zurückhaltung bei externem Kapital langfristigen Erfolg ermöglicht.
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Ich bootstrappe übrigens mein eigenes Unternehmen "We Manage", welches Start-Ups und Unternehmen bei Cloud, DevOps und dem nachhaltigen Betrieb von Web Applikationen hilft - buch dir gerne ein Termin bei Interesse.
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