
Alexander Peiniger verkaufte 2022 sein erstes Unternehmen Quintly nach 12 Jahren erfolgreichem Aufbau. Statt sich zur Ruhe zu setzen, startete der 41-jährige Düsseldorfer zusammen mit seinem Bruder ein neues Bootstrapping-Abenteuer: Walletguide, eine Plattform für Personal Wealth Tracking, die komplexe Vermögensverwaltung vereinfachen soll. Mit seiner Zweitgründung will Alex beweisen, dass erfolgreiches Unternehmertum auch mit Work-Life-Balance möglich ist.
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Von der Social Media Analytics zum Personal Finance
Alex' unternehmerische Reise begann bereits 2007 mit einer Agentur für Facebook-Apps. Aus einem Kundenauftrag heraus entstand 2010 die Idee für Quintly (ursprünglich "Social Media Tracking"), eine B2B-SaaS-Lösung für Social Media Analytics. Nach einer strategischen Partnerschaft mit einem US-Investor und späterem Rückkauf der Anteile entwickelte sich Quintly zu einem profitablen Unternehmen mit niedrigem siebenstelligem Jahresumsatz und Kunden aus knapp 50 Ländern.
"Der größte Unterschied war bei uns tatsächlich, dass wir uns als Tech-Gründer hingesetzt haben und wirklich Sales gemacht haben den ganzen Tag. Das hat dann irgendwie einen Unterschied gemacht zwischen 1% Monatswachstum und 10% Monatswachstum."
Der Wendepunkt kam 2018 mit der Cambridge Analytica-Krise, die massive API-Änderungen bei Facebook zur Folge hatte. Kombiniert mit internen Wachstumsschmerzen führte dies zu Umsatzrückgängen. Nach einer Phase der Konsolidierung und Teamverkleinerung gelang es Alex und seinem Bruder, das Unternehmen wieder profitabel aufzustellen, bevor sie es 2022 an die Facelift/DuMont-Gruppe verkauften.

Walletguide: Die Vision vom ganzheitlichen Vermögensüberblick
Parallel zum Verkaufsprozess entstand bereits 2020 als Side-Project die Idee für Walletguide. Das Personal Finance Tool richtet sich an eine spezielle Zielgruppe: Unternehmer, Business Angels und Freelancer mit komplexeren Vermögensstrukturen, die bisher auf Excel-Tabellen angewiesen waren.

"Die Idee war dann eigentlich, okay, warum gießen wir das nicht in eine Software, die quasi so flexibel ist, dass sie quasi auch die Cases abdecken kann, die sonst in einem Spreadsheet drin sind. Aber halt mit einer Usability, die halt modernes Design hat."
Das Geschäftsmodell basiert auf zwei Preisstufen: 10 Euro monatlich für den Einstiegsplan mit einer Wallet und 10 Assets, sowie 29 Euro für erweiterte Funktionen. Aktuell haben Alex und sein Bruder etwa 10-20 zahlende Nutzer in der frühen Product-Market-Fit-Phase.
Als Erfolgskriterium definiert Alex 100 Nutzer mit einer Retention-Rate von über 80 Prozent.

Technologie und Marketing im AI-Zeitalter
Technisch setzt Walletguide auf einen modernen Stack: TypeScript für Frontend und Backend, React, Google Cloud mit Firebase. Die Entwicklung profitiert stark von AI-Tools wie Cursor, wodurch Alex nach eigenen Angaben drei- bis fünfmal schneller programmiert als früher. Für APIs (Banken, Börsenkurse, Immobilienbewertungen) investiert das Team etwa 600 Euro monatlich.
"Eigentlich alle neuen Features geben wir erstmal in AI und gucken mal, wie weit die kommt sozusagen. Dann machen wir noch so das Flickwerk dazwischen, was nicht funktioniert hat."
Das Marketing gestaltet sich herausfordernder als im B2B-Bereich. Alex setzt auf Content Marketing, LinkedIn und direktes Kundenfeedback. Word-of-Mouth ist derzeit der wichtigste Akquisitionskanal. Die internationale Ausrichtung (komplett auf Englisch) folgt der bewährten Strategie von Quintly.
Bootstrapping-Herausforderungen und Learnings
Als Zweitgründer nach einem erfolgreichen Exit steht Alex vor neuen Herausforderungen: Weniger Zeitdruck bedeutet auch weniger Urgency. Mit Familie und veränderten Prioritäten arbeitet das Team bewusst an einer nachhaltigeren Work-Life-Balance – etwa 80% Arbeitszeit bei regulären Arbeitszeiten statt der früheren 16-Stunden-Tage.
Alex' wichtigste Learnings für Gründer:
- Sales als Tech-Gründer ernst nehmen: Direkter Kundenkontakt ist entscheidend für Product-Market-Fit
- Dem Bauchgefühl vertrauen: Alle zu spät getroffenen Entscheidungen waren bereits ein halbes Jahr vorher im Bauchgefühl angelegt
- Langfristig denken: Keine kurzfristigen Optimierungen zu Lasten der nachhaltigen Entwicklung
- Fokus auf Retention: Ohne mindestens 80% Net Retention ist Bootstrap-SaaS kaum profitabel machbar
Bis Ende 2025 will Alex den Beweis für Product-Market-Fit erbracht haben. Sollte dies gelingen, steht dem Aufbau eines kleinen Teams nichts im Wege – diesmal jedoch mit der Erfahrung eines Exit-erfahrenen Gründers, der beweisen möchte, dass erfolgreiches Unternehmertum und Familie vereinbar sind.
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